Zur Unternehmenskultur
Eine gute Unternehmenskultur garantiert Erfolg, wenn sie nicht nur eine leere Worthülse ist.
„Partnerschaftliches Verhalten – bei Volkswagen selbstverständlich“. „Nachhaltigkeit. Verantwortung für Mensch und Umwelt“.
So kann man es auf der Karriere-Homepage der Automobilbauers nachlesen. Sieht man sich jedoch die Berichte der jüngsten Vergangenheit an, entsteht ein ganz anderes Bild. Ingenieure des Konzerns hatten die Aufgabe, einen sauberen Dieselmotor zu entwickeln. Es gelang ihnen nicht. Der einzige Ausweg für die Ingenieure und fünf Manager schien die Verwendung einer Betrugssoftware. Das Auto erkannte durch diese Betrugssoftware, wenn es sich in einem Testbetrieb befand. Es reduzierte dann die Emissionen, wenn der Abgasausstoß gemessen werden sollte. Der Stickoxid-Ausstoß auf der Straße war in Wahrheit um das 40-fache höher. Trotz Warnungen mancher Mitarbeiter wurde das System in den USA eingesetzt. Man solle sich halt nicht erwischen lassen. Dazu passt auch, dass etwa 40 Mitarbeiter von VW und Audi schon im Sommer 2015 tausende Dokumente vernichtet und gelöscht haben, um das Ausmaß der Dieselaffäre zu vertuschen.
Eine Kultur der Angst
In dieser schweren Krise geht es längst nicht mehr darum, welcher der Vorstände seine Aufsichtspflicht verletzt hat oder Bescheid wusste. Hier kann man sich nur fassungslos fragen, welche Firmenkultur im Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und Anlegern herrscht, die so einen Skandal überhaupt erst möglich macht. Es fehlte an Transparenz, es fehlte an strengen Compliance-Richtlinien, es fehlte das Bewusstsein für ethische Korrektheit. In einer Unternehmenskultur, die von Angst geprägt ist, kann es keine Offenheit geben. Kritische Stimmen verhallen oder melden sich nicht zu Wort. In einer solchen Unternehmenskultur passiert es, dass Mitarbeiter zu Betrug und Vertuschung greifen – weil es unmöglich ist, zu scheitern. Das Risiko, nicht erfolgreich zu sein, wurde höher bewertet als die Einhaltung von Regeln.
Transparenz und Offenheit
Die Kultur eines Unternehmens hängt von der Führung ab. Der Wandel bei VW muss von oben kommen – mit aller Konsequenz. Wenn VW überleben möchte, dürfen sich die Fehler, die aus einer Kultur der Angst, der Intransparenz und des Betrugs entstehen, nicht wiederholen. Dazu ist weniger ein Wandel als vielmehr ein radikaler Neustart nötig: Die Installation eine Compliance-Systems, dass solch grobe Verstöße unmöglich macht, transparente Personalprozesse, die für die Mitarbeiter nachvollziehbar sind, um Vertrauensprobleme zu vermeiden. Eine offene Atmosphäre, die es Mitarbeitern ermöglicht, Probleme oder Missstände anzusprechen, ohne um die eigene Karriere fürchten zu müssen. Der Wandel muss so lange von oben angestoßen werden, bis er in der Kultur verankert ist und alle Führungskräfte müssen dabei unterstützt werden. Eine nachhaltige Veränderung erfordert viel Arbeit und benötigt einen Blick und Hilfe von außen und muss von außen gestützt werden. Der Fall VW zeigt, welchen Einfluss eine schlechte Unternehmenspolitik hat, nicht nur auf firmeninterne Entscheidungen und Mitarbeiter, sondern auch auf die Allgemeinheit: Kunden, Anleger, Umweltschutz, Gesundheit. Diese Probleme lassen sich nur durch eine enge Veränderungspolitik ändern – je eher, desto besser. Der Konkurrenzdruck in vielen Branchen ist übermächtig. Immer billigere Konsumgüter verschlechtern die Arbeitsbedingungen für viele Arbeiter. Auch andere Unternehmen, beispielsweise in der Textil- und Elektronikbranche, opfern die Ethik für das Kapital und setzen so ihre Reputation aufs Spiel. Die Kunden hinterfragen ihre Kaufentscheidungen heute mehr denn je. Eine schlechte Unternehmenspolitik kann man sich nicht mehr leisten, denn die Bankenkrise uns eine Sache gezeigt hat, dann dies: So etwas wie „Too big to fail“ gibt es nicht mehr.
Weblinks: http://www.volkswagen-karriere.de/de/was_uns_ausmacht.html
Bild: John Biehler from Port Coquitlam, Canada, Volkswagen TDI Tour (10277119424), CC BY-SA 2.0